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Begrifflichkeiten
Entgegen weitverbreiteter Darstellung ist der Begriff „Wende“
die älteste Bezeichnung für alle Angehörigen der westslawischen Stämme,
die auf dem heute deutschen und Teilen des dänischen Territoriums
siedelten bzw. immer noch leben. [1]
Er („Venedi“) wird vom römischen Geschichtsschreiber
Tacitus, der sich
auf den älteren Plinius
stützt (1. Jh. n. Chr.), ebenso verwendet wie vom griechischen
Geschichtsschreiber Ptolemäus
(„ούενεδαι“) und dem Goten Iordanes.
Seine etymologische Herkunft ist ungeklärt. [2]
Die älteste überlieferte Bezeichnung, die die WendInnen [3] selbst benutzen, ist das
Wort „serski“. Der Begriff „Slawe“
stammt aus dem 5. – 6. Jh. n. Chr. und bezeichnet die Angehörigen aller
Stämme, deren Herkunft man beim Fluß Dnjepr vermutet und die der
gleichen indogermanischen Sprachfamilie zugeordnet werden
können. [4]
Der Begriff „Sorbe“ ist eine etymologisch ebenfalls
ungeklärte Ableitung aus dem Wort „Su·urbi“ [5],
das auf den fränkischen Chronisten Fredegar
zurückgeht, der sich seinerseits auf Georges
de Tours (6. Jh. n. Chr.) stützt. Fredegar
verwendete dieses Wort für die westslawischen Stämme, die zwischen
Elbe, Mulde und Saale (eindeutig außerhalb der Lausitz)
siedelten. [6]
Die Wenden waren kein homogenes Volk, sondern eine große Zahl
verschiedener Stämme, die jeweils ihre eigene Sprache, Kultur und
Religiosität hatten. So lebten beispielsweise im Norden Ranen, Wagrier,
Wilzen, Obodriten, östlich von den Lusizern die Lebuser und Selpoli, im
Süden die Orla, sogar Mainwenden gab es.
Die z. Zt. vorherrschende Meinung ist die, daß diese Gebiete
ursprünglich von germanischen Stämmen bewohnt wurden. Die Germanen
sollen das Land so stark ausgebeutet haben, daß es sie schließlich
nicht mehr ernähren konnte, und deshalb sollen sie ausgewandert sein.
Einige Jahrhunderte später, etwa im 6. Jh. n. Chr., sollen dann die
Wenden diese Gebiete neu besiedelt haben. Diese Theorie ist bisher
jedoch nicht bewiesen. Dagegen spricht Tacitus’
Kenntnis von den Wenden, sowie auch die weit früher datierten
archäologischen Funde , die dem slawischen Kulturkreis zugeordnet
werden, wie z. B. der Kesselwagen, der im Landesmuseum von
Mecklenburg-Vorpommern zu sehen ist. Eine eindeutige Zuordnung
bestimmter Kulturkreise zu ethnischen Gruppierungen und deren Sprachen
ist ohnehin schwierig, wenn man bedenkt, daß diese Gruppierungen längst
nicht so isoliert waren wie allgemein angenommen. Auch die
Begrifflichkeiten sind denkbar ungenau. So besagte z.B. das von Kelten
benutzte Wort „Germane“ ursprünglich nur, daß die so bezeichnete Person
weder Kelte noch Römer war. [7]
Von den Kimbern und Teutonen weiß man, daß sie auf ihren Wanderungen
alle mitnahmen, die bereit waren, mitzugehen und mit ihnen zu kämpfen.
Eine ethnische Homogenität gab es also ohnehin nicht.
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[1] Erst Königin Margrethe legte den Titel
„Königin der Dänen, Wenden und Goten“ ab.
[2] Zwar wird vermutet, daß das Wort aus einer
frühen Form des Deutschen (nicht zu verwechseln mit dem
„Proto-indogermanischen“, das das Wendische als ebenfalls
indogermanische Sprache mit einschließt) abgeleitet wurde, bewiesen ist
dies jedoch nicht. Wenn man zudem bedenkt, daß etliche deutsche Wörter
ihren Ursprung im Wendischen haben, so könnte es auch gut anders herum
sein.
[3] Diese Schreibweise mit großem I ist eine
ökonomischere Form von Wenden/Wendinnen, meint also beide Geschlechter.
[4] Eine andere Theorie besagt, daß damit
sämtliche Heiden und damit alle, die versklavt werden durften, gemeint
waren. Siehe auch: Michael Pflanz - Kritik der Slawenhypothese -
(Internetartikel aus: Der Lotse)
[5] Es wird immer wieder behauptet, es handele
sich dabei definitiv um ein slawisches Wort, weil es die Buchstaben s,
r und b enthält. Davon abgesehen, daß es bei der ursprünglichen
wendischen Bezeichnung „serski“ kein b gab, (so sieht man es zumindest
in d. frühen Kirchentexten), tauchen diese Buchstaben auch in
zahlreichen anderen Wörtern aus anderen Sprachen auf. Es wäre z.B.
durchaus denkbar, daß „su·urbi“ eine Kontraktion aus „suburbani“ (die,
die vor der Stadt wohnen) ist. Da die meisten Wenden tatsächlich nicht
in den deutschen Siedlungen leben durften, wäre dies durchaus logisch.
[6] Die meisten Verfasser von Texten über die
Wenden erklären nicht, wie sie dazu kommen, diese Stämme mit den
Lusizern und den Milzenern gleichzusetzen.
[7] Die allseits so selbstverständlich
akzeptierte Vorstellung, es hätte ein Volk namens Germanen und ein
Gebiet namens Germanien gegeben, zieht auch Allan A. Lund „Die
Erfindung der Germanen“ AU, Bd. 38, 1995 in Zweifel. Er weist zu Recht
darauf hin, daß diese Begriffflichkeiten erst von Cäsar so verbreitet
wurden, um seine Kriegspolitik zu rechtfertigen.
.......... (nach oben)
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